Samstag, 24. Dezember 2011


http://www.von-der-heydt-kunsthalle.de/


wer weihnachten mal mit dem tod verbringen möchte, kann sich die ausstellung dead_lines in wuppertal anschauen. das museum hat am zweiten feiertag von 11-18 uhr geöffnet.

bei uns gibt es sicher tote an heiligabend. die katzen und der baumelnde baum saufen, fressen, zocken jetzt schon. ein umwerfendes trio.

ich wünsche euch ein liebevolles fest.

Freitag, 23. Dezember 2011


( aus : und was kommt nach tausend? bley )

habe mich gestern entschieden zu schweigen. sterben ist auch stille. wir hören unserem inneren zu. das, woran wir unseren lebtag immer gescheitert sind. 

Donnerstag, 22. Dezember 2011




ich habe keine zeit, möchte aber gern heute abend etwas mehr zum thema sterben und sterben lassen schreiben. habt einen schönen tag.

Mittwoch, 21. Dezember 2011


( picasso : das begräbnis casagemas )

maler carlos casagemas schoss sich eine kugel in den kopf. picasso gab seiner trauer um den freund in drei bildern ausdruck. das begräbnis ist eines davon.

Montag, 19. Dezember 2011


( aus : das geheimherz der uhr. canetti. )

tun wir das? ich dachte immer wir schreiben für den tod? mit jedem wort stirbt ein gedanke. manchmal sind es zwei, gar drei?
                                                                                                           

Sonntag, 18. Dezember 2011




in diesem kurzfilm sehen wir regimekritiker und dramaturg václav havel am sarg seiner ersten frau olga, an die er inhaftiert philosophische briefe schrieb, die mir lesenswert scheinen.

pane havel ist heute im alter von 75 jahren verstorben. kein wunder, sie brauchen dich dort. s pozdravem.

Freitag, 16. Dezember 2011





ich verabschiede mich in den vierten advent und winke euch mit einem armleuchter kleine feine grübchen. adieu, herr giller. gute reise.




adäquat zu obigem film ist mir eine kurze begegnung – sagen wir – mit unserer gesellschaft in den sinn gekommen. sie ereignete sich, als ich durch einen ortsteil fuhr, in dem ich schon lange nicht mehr gewesen bin. es war mittagszeit und mein magen hatte die gemütliche bäckerei im sinn, in der ich früher oft verkehrte. schon aus der ferne sah ich das grell in großbuchstaben leuchtende schild : SB-BÄCKER. aha. die bäckerei, in der ich früher oft verkehrte ist also tot. 

dann erinnerte ich mich. natürlich. sie hatte ein schönes begräbnis. es waren einige kunden da, die sie einst mit ihren brotlaiben herzte. und die familie. wie traurig sie alle waren, dass die bäckerei, in der sie oft verkehrten sie nun nicht mehr lachend in ihrer schürze in empfang nimmt und fragt: was darf's denn sein?

Donnerstag, 15. Dezember 2011


( maria lassnig : der tod und das mädchen )


ich schätze maria lassnigs werke. in obigem bild hat sie den tod durch farbe und tänzerische zuwendung nahezu als komplement dargestellt. auch wenn sich der leib des mädchens den klassischen adaptionen beugt : 

Das Mädchen:
Vorüber! Ach vorüber!
Geh, wilder Knochenmann!
Ich bin noch jung, geh Lieber!
Und rühre mich nicht an.
Der Tod:
Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund und komme nicht zu strafen.
Sei gutes Muts! ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen!
          
             (matthias claudius, 1774)

Mittwoch, 14. Dezember 2011



( dapd : trauerzug christa wolf )


gestern wurde christa wolf auf dem dorotheenstädtischen friedhof beigesetzt. in meinen und in vielen anderen bücherregalen leben ihre worte weiter. ich ziehe die in schwarzem umschlag gebundene "nachdenken über christa t."-ausgabe der büchergilde gutenberg heraus und blättere an den anfang :

"was ist das: dieses zu-sich-selber-kommen des menschen?"

mit diesem zitat ihres jetzigen nachbarn johannes r. becher hat sie dieses buch eingeleitet und sich die frage nun wohl endlich selbst beantwortet. ich lese euch den prolog. zum nach und an und gedenken.
( edvard munch : der tod im krankenzimmer, 1896 )

in diesem vermunchenen raum ist und bleibt das leben. der tod erscheint nur kurz. und verbindet.

Dienstag, 13. Dezember 2011




vor drei jahren schrieb ich dieses gedicht. heute würde ich nicht mehr reimen. heute würde ich fließen.

Montag, 12. Dezember 2011



guten morgen, guten abend. zum montagsschmunzeln! etwas scrubs (meine begegnung mit dem tod).       einen runden wochenstart euch und eichhörnchen mit atem.

Sonntag, 11. Dezember 2011

Samstag, 10. Dezember 2011


(aus: hat opa einen anzug an? amelie fried & jacky gleich)

heute, klassik. die berühmteste frage, die ich wohl gestellt bekomme, ist : ekelst du dich nicht vor den leichen?

natürlich. manchmal. es gibt leichen und leichen. wie schon zu lebzeiten riecht der eine streng, die andere gar nicht. einige verstorbene sind sehr unansehnlich, andere wiederum könnte ich knutschen. ekel dauert allerdings nur sekunden an, danach packt mich der elan und ich freue mich den verstorbenen zu waschen, eventuelles zu nähen, ihn hübsch einzukleiden und ihn danach seelenruhig mit einem lächeln im sarg liegen zu haben. 

auch sehr beliebt : wie war das, als du zum ersten mal einen toten angefasst hast? 

als ich vor dem sarg stand, hatte ich das gefühl von neuland im magen. was erwartet mich? wie komme ich damit zurecht? nachdem der sarg dann geöffnet wurde, ergriff ich sofort die hand des verstorbenen und grüßte seinen leib. es war, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. 

und : hast du keine angst, dass die toten dich besuchen? oder, dass sie doch nicht tot sind? 

ich bin ein offener mensch, ich mag besuch. nur nicht zu unzeiten und zu tode erschreckt werden, will ich auch nicht. – erst wenn ein mensch, der mit totenflecken in totenstarre vor mir liegt, nochmal aufsteht, mache ich mir gedanken über diese letzte frage.

Donnerstag, 8. Dezember 2011


(sehr schief aus: der tod des iwan iljitsch. leo tolstoi.)

"wie kommst du nur auf so einen scheiß? der tod ist toll. das sterben schön. du weißt doch gar nicht wie es ist, und jetzt erzähl mir nicht, dass du es fühlst!"

ihr schweigen war nicht arroganz, ihr schweigen war ganz offen.

Mittwoch, 7. Dezember 2011



(hieronymus bosch: der flug zum himmel)

oft werde ich gefragt, ob ich denn kein anderes thema hätte. pardon, natürlich rede ich permanent vom tod. hallo? ich lebe ja.

für mich ist – das hier – spannend langweilig. ich mag tanzen, und schwimmen, geselligkeit, meditation, die bühne, den keller, kochen, schlafen und wünsche mir den tod in diesen augenblicken. gibt es etwas schöneres als sterben? (egoistisch. ja. das schon. doch von welcher seite?)

Dienstag, 6. Dezember 2011



( http://tomfishburne.com/ )

was wäre die thanatologie ohne frau kübler-ross? depression wohlmöglich, wie die vierte phase ihres sterbephasenmodells. und nur die.

ich bin ehrlich froh, dass die heutige ars moriendi (kunst des sterbens) die mittelalterlichen gut und böse fantasien (weitesgehend) abgelöst hat. (jedenfalls in meinem kopf.) obwohl sie zu der zeit durch ihre konfrontation in holzschnitten und büchern hilfespendende? meilensteine waren. immerhin. das sterben fand ausdruck in worten und bekam ein gesicht. ein grausiges gesicht.

doch seht selbst! an diesem sterbebett versammeln sich anscheinend alle lebensängste. habt ihr darauf lust?

(meister e.s.: versuchung im glauben. 1460.)

Montag, 5. Dezember 2011







vergangenes wochenende fand der bundesparteitag der piraten statt und als ich neugierig im antragsbuch blätterte, fand ich obiges, was mich sehr erfreut.

im antrag verlinkt wurden: tz , statista 2011

Sonntag, 4. Dezember 2011



(aus: konrad von würzburg: der welt lohn)


schon in den handschriften des mittelalters finden wir ekel und furcht vor dem sterben, gar vor der welt, dem leben an sich. in konrad von würzburgs versen trifft ein ritter auf eine frau namens welt. sie ist wunderschön, doch als der ritter ihren rücken erblickt, sieht er, dass sie bereits verwest. kröten und würmer treten aus ihrem leib. angewidert kehrt er sich sodann von ihr – der vermeintlich rundum schönen welt – ab. (doch ist verwesung wirklich hässlich?)

adäquat hierzu sagt der tod in "ente, tod und tulpe" : "ich bin schon in deiner nähe, solange du lebst." wenn der ritter sich dessen bewusst gewesen wäre, hätte er beim anblick der verwesung vielleicht mit faszination statt mit erschaudern reagiert. ("hätte hätte fahrradkette". ähm. ja. nun.) doch bei aller todesliebe bin ich selbstredend froh, dass ihr mir den tod nicht am rücken ablesen könnt. die geschichte vom ritter und der welt lebt allerdings von ihrer gleichzeitigkeit des lebens, sterbens und verwesens. (und ist zudem ein sinnbildtrio des früh- hoch- und spätmittelalters: aufstieg/blüte/verfall. ein sinnbild all unserer epochen. ein sinnbild unseres seins.)

wenn wir sterben, durchleben wir einen prozess. unsere seele fliegt mit unserem letzten atemzug in andere sphären und unser körper setzt sich den vier stadien der verwesung aus. zunächst beginnt die autolyse, in der sich zellen und organe chemisch selbst abbauen. hierauf folgt die fäulnis. bakterien fressen unser gewebe und produzieren dabei gase, die den körper aufblähen. im stadium der verwesung entweichen diese gase und flüssigkeiten, wir vertrocknen wie ein samenkorn. zum letzten mal regen wir uns dann bei der skelettierung, wenn unsere knochen zerfallen. 

auf der body farm der universität tennessee wird dieser prozess studiert. auf dem ca. 12 000 quadratmeter großen gelände liegen leichen von menschen, die sich zu lebzeiten für die forschung zur verfügung stellten in autos, unter blättern oder planen und erzählen den forensikern ihre geschichten. ich habe große lust irgendwann einmal einen exkurs zu einer body farm zu unternehmen, ihr könnt euch liebend gerne anschließen. 

von würzburgs ritter hat jedenfalls keine lust auf die sterbende welt und sich deshalb von ihr abgewandt. aber, wohin blickt er dann? überall ist leben und sterben, im grunde hat er keine wahl. und doch, er muss nicht fasziniert im weltkadaver pulen, seine augen entschieden sich zu ruhen. auf anderen weltkadavern. bewusster? verdauend! irgendwie mutig.

Freitag, 2. Dezember 2011



(da ich in bereitschaft bin und lebenszeit mit meinen kindern möchte, melde ich mich ab. demnach bitte erst ab montag sterben, danke. ein ruhiges wochenende euch. ihr lieben.)

Donnerstag, 1. Dezember 2011


(aus: abschied von rune)

ja. sara kann rune drinnen in ihrem kopf sehen. und du kannst deinen vater und auch deine oma in deinem kopf sehen.  so wie ich meinen mann in der schweiz sehen kann und meinen hund im himmel. wenn du noch nie einen mann oder eine oma hattest, kannst du sie dir dennoch vorstellen. wir können so viel in unseren gedanken, haben es aber anscheinend halb vergessen. gedankenbilder brauchen ruhe, einen wald oder einen see. in ruhe können wir unsere liebsten in strahlende farben tauchen. drinnen in unserem kopf und in unserem herzen.